Geschichte der Gemeinde Auensee

Entstehung
Die Ursprünge der Gemeinde Auensee gehen auf das Jahr 1220 zurück.
Auf Geheiß des Hochmeisters Hermann von Salza siedelten sich im Gebiet der heutigen Gemeinde Auensee Teile des während des Dritten Kreuzzugs gegründeten Deutschen Ordens an und errichteten eine Komturei, welche mit Mitteln der katholischen Kirche versehen und vom Orden geführt wurde.
Grund für die Ansiedlung war das reiche Aufkommen an Bodenschätzen und die dichten Eichenwälder der Umgebung, die zum Haus- und Schiffsbau benötigt wurden. In dieser Gründungszeit entstand der historische Name „Inventa Ilicibus“, was soviel wie „Unter den Eichen“ bedeutet.
Der Orden förderte den Zuzug deutscher und flämischer Siedler aus Thüringen, Franken und Niederlothringen und die Gemeinde wuchs.
Schutz gegen die Angriffe feindlicher Slawen boten die weitreichenden Hochmoore, die die Wälder um die Komturei umschlossen. Die damals einzige Verbindung zur Außenwelt bestand in der Handelsstraße „Via Lipcia“, welche seit dem Römerzug des Drusus in das freie Germanien um die Jahre 12 bis 9 v. Chr. bestand und in etwa der Strecke der heutigen B2 nach Leipzig folgt. Partielle Trockenlegungen der Moore ermöglichten den Kolonisten des Ordens die Sicherung des Handels und den Austausch von Gütern.

Pest und Reformation
Einen tiefen Einschnitt in die Entwicklung Auensees brachte das Jahr 1349 und der Ausbruch der Pest, die viele Menschenleben forderte und die Wirtschaft schwer traf. Die als „Schwarzer Tod“ bekannte Seuche suchte ganz Europa heim, hielt bittere Ernte und verschonte kaum einen Winkel Mitteldeutschlands, das sich nur langsam von den Bevölkerungsverlusten erholte. Doch ließen Fleiß und Beharrlichkeit den Ort wieder aufblühen.
Neuen Wandel brachte die Reformation.
Als Junker Jörg verkleidet, führten die Straßen von Eisleben bis Wittenberg keinen anderen als Martin Luther selbst durch das Gebiet von Auensee. Bis heute rühmt sich die Gemeinde, der wortgewaltige Reformator habe sich zähe theologische Streitgespräche mit den halsstarrig katholischen Auenseeern geliefert. Aus diesen überliefert ist angeblich der bekannte Ausspruch: „Dumm wie Stroh!!!“
Lucas Cranach der Ältere hielt 1521 das Bildnis seines Freundes Luther als Junker Jörg, mutmaßlich vor seinen Streitgesprächen mit den Auenseer Bürgern, auf Buchenholz fest. Das Gemälde ist im Museum der Bildenden Künste in Leipzig als Dauerleihgabe der Gemeinde Auensee ausgestellt.

Dreißigjähriger Krieg
In den folgenden Jahrhunderten entwickelte sich die Kommune langsam, aber stetig.
Ab 1630, während des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648), nutzte die Katholische Liga Auensee als Nachschublager und Lazarett, um ihre Operationsfähigkeit gegenüber den Truppen des Schwedenkönigs Gustav Adolf aufrechterhalten zu können. Das Gebiet von Auensee war wie die gesamte mitteldeutsche Region schwer von den Kämpfen betroffen.
Nach Ende des Krieges 1648 erfolge der schnelle Wiederaufbau. Viele ehemalige Söldner und ihre Familien, darunter viele Protestanten, wurden in der Gegend sesshaft. Ursächlich war unter anderem die neuentdeckte Braunkohle, die nachweislich ab 1656, damals noch unter Tage, abgebaut wurde.

Siebenjähriger Krieg
Während des Siebenjährigen Krieges (1756-1763) geriet der Ort erneut ins Zentrum des Geschehens, als Friedrich der Große, König von Preußen, Kursachsen besetzte. Durch Auensee marschierten mehrfach preußische, österreichische und russische Truppen. Der Legende nach ließ der „Alte Fritz“ in Auensee sein Pferd neu beschlagen, nachdem dieses während der Schlacht bei Hochkirch auf der Flucht vor den Österreichern seine Hufeisen verloren hatte. Der König soll schließlich zufrieden gewesen sein und insgesamt überstand die Gemeinde die Kriegswirren glimpflich.
Das Gemälde zeigt Friedrich, verdrossen auf die Beschlagung seines Pferdes wartend.

Salzfunde und Beginn der Förderung
Schon im späten 17. Jahrhundert wurden im Gebiet der heutigen Gemeinde Auensee Salzlagerstätten entdeckt. Mitte des 18. Jahrhunderts war Kursachsen bestrebt, unabhängig von Salzimporten zu werden. Die Arbeiten am ersten Soleschacht begannen 1750 und wurden 1771 beendet. In einer Tiefe von 227 m wurde eine gewaltige Solequelle mit einem Salzgehalt von ca. 10 % erschlossen. Bald begann der Bau der ersten Gradierwerke und der ersten Siedehäuser.
Neben den Anlagen in Bad Dürrenberg und Bad Kösen galt die Anlage in Auensee lange als wichtiges Rückgrat der kursächsischen Salzversorgung.

Das Wunder von 1813
Die wohl dramatischsten Stunden seiner Geschichte erlebte Auensee im Gefolge der Völkerschlacht bei Leipzig am 21. Oktober 1813, als sich 40 versprengte französische Soldaten aus Napoleons Armee nach Auensee verirrt hatten. Der Franzosenkaiser hatte derweil Blüchers Preußen im Nacken und floh Hals über Kopf zum Rhein.
Der kleine Ort war wehrlos. Es gab fast nur noch Frauen und Kinder, alle Männer waren in der Armee.
Die verzweifelten Franzosen aber, zumeist halbe Kinder, setzten den Gemeinderat gefangen, verschanzten sich im Rathaus, in der Kirche und im ‚Ratskeller‘ und drohten, alles anzuzünden, sollte man sie nicht ziehen lassen. Die Lage spitzte sich zu, als gegen Mittag die Königsberger Landwehr unter dem jungen Leutnant von Frick Auensee erreichte. Es drohte ein schweres Gefecht, das den ganzen Ort leicht in Schutt und Asche hätte legen können. Panik breitete sich aus.
In stundenlangen dramatischen Verhandlungen gelang es schließlich von Frick, dem verdienstvollen Auenseeer Gemeinderat Wiegand und dem redlichen Pfarrer Braun, die Franzosen, die nichts als nachhause wollten, zur Aufgabe zu bringen. Sie wurden entwaffnet und auf Ehrenwort entlassen. Die meisten sollen ihre Heimat wiedergesehen haben, einige in Deutschland geblieben sein. Ein Franzose aber, der Grenadier Jean-Pierre Lassique, blieb gar in Auensee, heiratete und gründete das von seinen Nachfahren bis heute geführte Gasthaus ‚Fleur des lacs‘.
Auensee aber war gerettet und gedenkt noch heute dem 21. Oktober als seinem zweiten Gründungstag.

Industriealisierung und Braunkohle
Ab Mitte des 19. Jahrhunderts erreichte die Industrialisierung Auensee.
Der erste Braunkohletagebau wurde 1908 erschlossen. Die „Grube Auenglück“ stellte mit ihren großen Fördermengen ein Rückgrat der mitteldeutschen Wirtschaft dar. Zu dieser Zeit erhielt die Gemeinde den Namen „Auenglück“, der sich von der Bezeichnung der Grube ableitete.
Auenglück nahm während der Phase der Hochindustrialisierung großen Anteil am allgemeinen wirtschaftlichen Aufschwung im Königreich Sachsen, der um 1890 das ganze Kaiserreich erfasst hatte. Bis 1914 war der Ort mit seinen fast 6 000 Einwohnern zu bedeutendem Wohlstand gekommen.

Weltkriege und Nachkriegszeit
Der Erste Weltkrieg (1914-1918) traf die Gemeinde wiederum schwer. Etwa 1 000 Männer wurden zum Deutschen Heer eingezogen. Die landsmannschaftlich rekrutierten Auenseer standen dabei mehrheitlich in den Reihen der Leipziger 24. (2. Königlich Sächsischen) Division, die zu Beginn des Krieges im Verband der 3. deutschen Armee an der Westfront zum Einsatz kam. Die Division kämpfte im Herbst 1914 an der Marne und an der Aisne gegen die Entente-Truppen und stand zum Jahresende in Flandern.
Dort kam es am 24. Dezember, ausgehend von sächsischen Einheiten, im Niemandsland der Front zu spontanen Verbrüderungen vor allem mit britischen Soldaten, schließlich zu einem inoffiziellen Waffenstillstand. Diese als „Weihnachtsfrieden“ in die Geschichte eingegangenen Aktionen waren zunächst nicht autorisiert, erfassten aber bald ganze Frontabschnitte und hätten vielleicht der Schlächterei ein Ende bereitet. Doch blieb dieses größte Wunder aus und die gnadenlosen Kämpfe gingen bald weiter. Mit Franzosen und Briten lieferten sich die Sachsen 1915 und 1916 eine Serie wilder Abwehrschlachten bei Arras, im Artois und an der Somme und standen 1917 erneut im Stellungskrieg in Flandern. Im Frühjahr 1918 nahmen sie vergeblich an der letzten deutschen Großoffensive im Westen teil. Den Waffenstillstand erlebte die abgekämpfte Leipziger Division, zuletzt auf 500 Mann zusammengeschmolzen, schließlich in Lothringen. Die Auenseer erbrachten wie alle deutschen Soldaten staunenswerte Leistungen, sie kämpften unvergleichlich tapfer, teilten alles Leid und alle Mühen und erlitten beträchtliche Verluste. 142 000 sächsische Soldaten verloren im Ersten Weltkrieg ihr Leben, davon 294 aus Auensee. Die Menschen daheim litten unter der feindlichen Hungerblockade. Nach Kriegsende und dem Sturz der Monarchie lag die Wirtschaft bis weit in die 20er Jahre darnieder.

Dem Aufstieg der Nationalsozialisten stand die katholisch geprägte Gemeinde mehrheitlich ablehnend gegenüber und Auensee versank zum ärmlichen Provinznest. Lediglich der Braunkohleabbau wurde, wie bereits im Ersten Weltkrieg, als kriegswichtig eingestuft. Die Katastrophe des Zweiten Weltkrieges (1939-1945) forderte erneut einen großen Blutzoll. Die Tagebauanlagen waren 1944 und 1945 heftigen alliierten Luftangriffen ausgesetzt. Mit dem Ende des Krieges setzte auch in Auensee eine Fluchtbewegung nach Westen ein und der damit einhergehende Bevölkerungsrückgang schwächte die Gemeinde erheblich.
Da die Braunkohle der Region aber auch in der SBZ/DDR einer der wichtigsten Rohstoffe zu Sicherung der Produktion darstellte, plante die SED-Führung ab 1958 die Ansiedlung von 15.000 Menschen in der neuen „Sozialistischen Musterstadt Auenfeld“. Dieser Plan, bei der misstrauischen Bevölkerung ohnehin unbeliebt, fand nie seine Umsetzung, da andere Gebiete wie die Braunkohlelandschaft im Bereich des Chemiekombinats Bitterfeld Vorrang hatten. Die Förderung in der „Grube Auenglück“ lief jedoch ununterbrochen weiter und erreichte Ende der 70er Jahre ihren Höhepunkt.

Kulturlandschaft Auensee
Mit der Wiedervereinigung 1990 und dem Niedergang der Braunkohleförderung entstand der Plan, die Tagebaurestlöcher zu einer attraktiven Kulturlandschaft zu sanieren. Der „Tagebau-Kulturverein Auensee“, der später zum „Förderverein Seenlandschaft“ umbenannt wurde, unterstützte dieses Vorhaben mit der Beantragung von nationalen und europäischen Fördermitteln und natürlich mit dem persönlichen Engagement der Mitglieder. Aus der „Grube Auenglück“ wurde 1999 der Auensee.
Mit der Eröffnung dieses neugewonnenen Erholungsgebietes taufte man auch die Gemeinde „Auenglück“ in „Auensee“ um. Seitdem verzeichnet die Gemeinde einen stetigen Bevölkerungszuwachs und auch das kulturelle Angebot erweitert sich ständig.
Seit einigen Jahren zeigen sich zudem Bestrebungen, aufgrund der Salinenanlagen und der neu entstandenen Kulturlandschaft für die Gemeinde Auensee den Status eines Luftkurortes zu erhalten.
Recherchiert von Oschätzky/Weiß